Adolf Weber

Sein Beruf war Kunstmaler

(Ausstellungsflugblatt, Kunsthauschen Herrliberg, 2005)

 
Die englische Malerin Charlotte Mortensson hat für das Kunsthäuschen in Herrliberg Werke des Malers Adolf Weber (1925 – 1996) in eine Ausstellung zusammengeführt. Adolf Weber hat ein riesenhaftes Werk geschaffen. Es mag heute erstaunen, dass sich einer ein Leben lang der Kunst verpflichtete und als Beruf ein „Kunstmaler“ war. Seine Herkunft aus bäuerlichen Verhältnissen prägte ihm sowie seiner Frau Emmi eine treue Verbundenheit mit der natürlichen Umgebung und eine Selbstverständlichkeit der eigenen Tätigkeit ein. Adolf Weber stand früh auf und bereitete sich auf ein tägliches Malen vor wie einer, der in die Werkstatt oder ins Büro geht oder genauer: das Feld bestellen oder das Vieh versorgen muss.

Das aussergewöhnlich beeindruckende Frühwerk stellt diese bäurische Athmosphäre von Hof, Stall und Familie vor. Es ist eine in sich geschlossene Welt, welche die Menschen in ihrem Lebensraum verwurzelt. Nach Studienzeiten in Zürich und Genf lässt sich Adolf Weber im Elternhaus im Aargauischen Menziken nieder und richtet im Heimet bald ein Atelier ein. Eine Hollandreise kurz nach dem Weltkrieg markiert vermutlich den Anfang des erwachsenen Schaffens. Adolf Weber ist etwa 23 Jahre alt. In den folgenden 10 Jahren wird nun versucht, den malerischen Weg zu entwerfen. Auffällig dabei ist, wie sehr er sich darum bemüht, die Grundlagen, die ihm seine Lehrer und Schulen vermittelten, zu überwinden, um eine Eigenständigkeit zu manifestieren. Manchmal nagelt er nun plötzlich ein paar Gipserleisten zusammen, um möglichst rasch eine rohe Leinwand darauf zu spannen und sofort loszulegen. In solchen Momenten scheint er alles Handwerk und alle Grundiertechnik absichtlich vergessen zu wollen, die er vorher solide erlernen musste. Bei allem Suchen hält sich allerdings etwas Grundsätzliches durch, nämlich „vor dem Motiv“ zu malen, was bedeutet, sich vor eine Situation zu setzen oder zu stellen sowie an Ort und Stelle zu erfassen, was man sieht. Erzählte oder vorgestellte Dinge bilden im gesamten Werk eher die Ausnahme. Für Adolf Weber lässt sich die Frage, „was“ gemalt werden kann leichter beantworten als die Aufgabe, „wie“ es sich malen muss. Die Erringung eines eigenen Stils scheint alle weitere Autonomie zu beinhalten und zu versprechen.

Die Ausstellung in Herrliberg zeigt eine stattliche Anzahl von Werken aus jenen 50-er Jahren, in denen der junge Maler dem eigenen Ausdruck nachspürt. Sie dürfen als entscheidende Jahre gelten, wenn die Geschwindigkeit in Betracht gezogen wird, in welcher er arbeitet und verarbeitet. Edvard Munch beeindruckt ihn. Insgesamt scheint Adolf Weber damals das Nordische, Expressive stärker zu beschäftigen als das Französische, Lichterfüllte des späteren Werkes, wohin sich die Intensität verlagern wird. Die häufige Gegenwart der Menschen in der Landschaft, Pferd und Wagen, die vertraute Feldarbeit, deuten darauf hin, die eigene Existenz und Berechtigung seiner Tätigkeit zu befragen. Gewisse Landschaften verraten in ihrer geisterhaften Stimmung eine innere Erregung.

Von den 60-er Jahren an beginnen die Farben auf den Gemälden zu erwachen und in eine Lichtregie zu treten, auf welche Adolf Weber nun die Betonung setzt. Vor allem Bilder zahlreicher Baustellen, die damals wohl unübersehbar waren, steigern die Farbnuancen und Kontraste. Das Interesse gilt insofern dem visuellen Reichtum. Dies meint nicht bloss einen Reichtum an Farben, sondern ebenso an Motiven, welches letztlich auch die Riesenmenge an Bildern andeutet, die es zu erleben, zu erhaschen und umzusetzen gilt. Daher  erlaubt sich auch keine Ausschliessung von bild-unwürdigen Ansichten: alles Sichtbare kann ins Bild kommen. So muss einem das Leben als ständiges Treiben vorkommen, indem Schneeglocken hervorschiessen, Baugerüste auffahren, gereist wird, ein Bach die Welt verdoppelt oder genüssliche Zustände aufblitzen, an welchen die Seepromenade dazu zwingt, sich am Bistrot-Tisch aufzuhalten.

Adolf Weber hat sich mit der Malerei identifiziert. Seine frühe Begabung war nicht bloss Gabe sondern vorallem Hingabe. So gelingt es diesem Werk, sich ständig fortzuentwickeln und sich zu überbieten.

Claudius Weber