Adolf Weber

Adolf Weber zeigt seine neuesten Arbeiten

(Volksblatt, 15.12,1967)
 
Am letzten Samstag fand in der Galerie 6 in Aarau die Vernissage der neuesten Ausstellung statt, die bis zum 13. Januar dauert. Diesmal ist es Adolf Weber aus Menziken, der im Keller an der Milchgasse 31 Bilder - in Oel oder Tempera gemalt - ausstellt. Der 1925 geborene Maler, der seine ersten Lehrjahre bei Eugen Maurer verbrachte, anschliessend an der Kunstgewerbeschule Zürich bei Erst Gubler und Heinrich Müller lernte und den auch einige Reisen ins Ausland führten, sprach selber die einleitenden Worte. Schlicht berichtete er von seiner Arbeit, seinem Leben, deckte in sympathischer Weise, ohne grosse Worte zu machen, die Hintergründe seiner Malerei auf. Seine Themen - die seien eigentlich nicht so wichtig, wichtig sei es, wie er sie bearbeite - findet er zu Hause, im Kreis seiner Familie, in der Stube, im Garten, in der Landschaft um Menziken. Weber berichtete auch von seinem Kontakt mit der zeitgenössischen Malerei, von der er gerne lerne, was er lernen könne, die er aber nicht kritiklos akzeptieren könne, sondern sorgfältig abwägen und prüfen müsse.
Webers Pinselführung in seinen teilweise recht grossformatigen Oelbildern ist spontan, heftig, sie erscheint bisweilen fast unbeherrscht. Sein Strich ist sehr dynamisch und expressiv, ob er nun die Farbe dünn aufträgt wie in der Landschaft an der Wyna (Nr. 17) oder ob er sie als Materie mitsprechen lässt und auch vor dickstem Auftragen der Farbe nicht zurückschreckt wie im Oelbild "Garten" (Nr. 13). In dieser spontanen, fast ungestümen Malweise zeigt sich eine Ehrlichkeit und Natürlichkeit, die gefällt, auch wenn sie kompositorische Überlegungen etwas hinter einer unmittelbaren Farbwirkung zurücktreten lässt. In seinen Bildern zeigt sich ein ungetrübtes, direktes und kräftiges Erleben der Natur und der nahen Umgebung des Malers.
Die Farbskala Webers ist sehr reich, oft beschränkt er sich in den einzelnen Bildern nicht auf einen bestimmten Farbklang, sondern setzt möglichst viele Farbtöne nebeneinander und erreicht so eine ausdrucksstarke Farbwirkung, die trotzdem nichts an Einheitlichkeit zu wünschen übrig lässt. Ausnahmen sind aber feststellbar: Die Landschaft "Kalter Tag" (Nr. 11) wird durch einen konsequent durchgeführten Blau-Violett-Grau-Akkord bestimmt, und wirkt durch ihre einheitliche, etwas unterkühlte Stimmung und die schöne Gestaltung der Baumstämme sehr ansprechend.
Da sind auch die Interieurs, von warmen Strahlen kleiner Lichtquellen erleuchtet, mit denen der Maler zu spielen und deren Helldunkelwerte er auszunützen versteht. Wir sehen hier Menschen, die um den Stubentisch sitzen, ihren täglichen Verrichtungen nachgehen, und immer wieder sehen wir in diesen ruhigen, meist in warmen Braun- oder Braunrottönen gehaltenen Bildern Kinder mit ihren Spielzeugen.
In den Bildern Webers zeigt sich immer eine schöne, trotz der expressiven Handhabe der malerischen Mittel fast idyllische Welt. In diesen schönen, qualitätsvoll gemalten Bildern sind keine Modernismen festzustellen, keine Neuerungssucht, da und dort vielleicht eine Anlehnung an bereits Vorhandenes (Anknüpfungspunkte wären etwa bei der Stimmung von Corinths Landschaften, bei Interieurs Amiets zu suchen, und das Oelbild "Sommer" erinnert mich an Matisse).
Zum Schluss eine Frage, die sich der Betrachter vielleicht, nicht aber der Maler stellen muss: Vermag diese Art doch eher konventioneller Malerei ein gültige Aussage über unsere Zeit zu bieten? Ich will hier die Antwort offen halten, jeder Betrachter wird sie selber geben müssen. Sicher ist es falsch, wenn man, wie es immer wieder in Kritiken geschieht, Maler wie Weber gegen Vertreter anderer Kunstrichtungen ausspielt und genau jenen Fehler begeht, den man "gewissen Kunsttheoretikern" und "jenen Arrivierten, die den Stein der Weisen wohl nicht gefunden, so doch gepachtet haben", glaubt vorwerfen zu müssen: Dass man ausschliesslich eine Möglichkeit der Malerei als richtig ansieht und damit in die Gefahr kommt, einer uniformen und damit langweiligen Kunst das Wort zu reden.
N O

(Anm. der Red.: Die zitierten Passagen im letzten Abschnitt beziehen sich auf den Artikel "Undiktatorische Malerei", der am 13.12.1967, also zwei Tage zuvor im Aargauer Tagblatt erschienen war).